Reisebericht Radreise durch die Rocky Mountains
Jasper NationalparkDer westlich im Bundesstaat Alberta gelegene Jasper Nationalpark ist der grösste Park in den kanadischen Rocky Mountains und Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Die weite Wildnis bietet mit ausgedehnten Wäldern, schroffen Bergmassiven, mächtigen Flüssen, Wasserfällen und Gletschern ein scheinbar unendliches Reservoir für Abenteuer, Entdeckung und Entspannung. Die Rocky Mountains sind die Heimat von Elchen, Hirschen, Wölfen, Braunbären sowie Grizzlybären. Mit seinen spektakulären Bergstrassen und Passfahrten, sowie Hunderten von Zeltplätzen ist der Park auch ideal für eine Radreise. Der Icefield Parkway verbindet den Jasper Nationalpark mit dem Banff Nationalpark. Diese Route bietet eine unvergleichliche Schönheit zum Radfahren. |
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Radtour zum Columbia Icefield und Athabasca Gletscher

Schon vor 8 Uhr machte ich mich mit dem Fahrrad an die steile Auffahrt zum Sunwapta Pass auf 2035 m Höhe. Mangels Alternativen gab es auf der Passhöhe eine teure Touristen Pizza zum Frühstück. Hier traf ich auch wieder auf die Hunderten von Busreisenden, viele davon Asiaten, die mich vorhin ohne grössere Anstrengung überholt hatten. Angelockt werden diese Massen vom gewaltigen Columbia Icefield, respektive vom Athabasca Gletscher, der sich bis fast zur Strasse herunter erstreckt. Mit einem mit mannshohen Rädern bestückten Schneemobil ratterte man eine Runde über das etliche Meter dicke Eis. Das allgegenwärtige Rauschen der unterirdischen Schmelzwasserbäche und das etwas unheimliche Knacken der Oberfläche bezeugten, dass der Gletscher lebt und in ständiger Bewegung ist.
Athabasca Campingplatz
Die (zu) vielen Leute veranlassten den baldigen Aufbruch. Eine eisige Abfahrt brachte mich an etlichen Wasserfällen vorbei ins etwas flachere Tal runter. Endlich war ich wieder umringt von kompletter Wildnis und Einsamkeit. Ein junger Schwarzbär tummelte sich in einem Tümpel in der Nähe des Flusses und verhalf mir zu einer Verschnauf- und Beobachtungspause. Die Etappe zog sich stark in die Länge, doch ich liebäugelte mit einem auf der Karte eingezeichneten Camping Platz, weil ich dort sicherlich auch etwas zum Essen auftreiben konnte. Seit der morgendlichen Pizza und einem Getreideriegel hatte ich nichts mehr zu verzehren bekommen. Doch als ich endlich todmüde mein Ziel erreichte, präsentierte sich nur eine Holztafel mit der Aufschrift: "Welcome to Athabasca Campground. Please take any available spot and drop the fee in the box. Have a nice stay!"
Ernüchtert über die mangelnde Infrastruktur warf ich nur die Hälfte des angegebenen Betrages in eine Art Briefkasten und hielt nach einem geeigneten Plätzchen Ausschau. Ich war schon dabei meine Outdoor-Ausrüstung aufzubauen, als so ein mürrischer, rundlicher Wohnmobil-Inhaber daher kam und mich mit irgendwelchen fadenscheinigen Erklärungen weg weisen wollte. Der kam mir genau richtig, gereizt vor Müdigkeit und vom Knurren im Magen, steigerte ich mich langsam in eine lautstarke Diskussion. Ich kam immer besser in Fahrt, als mich ein Pärchen etwas weiter oben zu sich winkte. Sie offerierten mir mein Zelt neben dem ihren aufzustellen. Dankend nahm ich an. Perveen, eine Engländerin und Mario, ein Italiener, waren sehr zuvorkommend und offerierten mir sogar von ihrem frisch zubereiteten Abendessen an. Ich weiss nicht ob dies aus lauter Gastfreundschaft geschah oder ob sie sicherstellen wollten, dass mein knurrender Magen ihnen die Nacht nicht verderben würde. So leicht wie möglich unterwegs zu sein ist natürlich eine Top-Priorität als Radtouren-Fahrer, aber etwas Proviant sollte immer Platz haben!
Von den Athabasca Wasserfällen nach Jasper Village
Ich versuchte die winterliche Kälte zu ignorieren und strampelte geduldig den ersten Sonnenstrahlen entgegen. Sobald die Sonne hervorkam, taute ich langsam wieder auf. Der erste Höhepunkt der heutigen Radtour bildeten die sehr eindrücklichen Athabasca Fälle. Nun war es sogar so richtig schön warm und ich wagte ein erfrischendes Bad in einem nahe gelegenen See. Den Rest des Morgens folgte ich mehr oder weniger dem Fluss bis ich Jasper Village erreichte. Zur Feier des Tages suchte ich mir einen gediegenen Gasthof aus und gönnte mir ein feines Menü mit Kartoffelstock, Fleisch und Gemüsebeilage.
Gefährliche Begegnung mit Bären

Anschliessend brach ich in westliche Richtung auf, das nächste Ziel der Radreise war der Mount Robson Provincial Park. Als ob dem Drahtesel mein üppiges Mahl nicht gut bekam, fingen die Zahnkränze an, komische Geräusche von sich zu geben. Ich starrte immer wieder runter und versuchte den Schwachpunkt zu entdecken. Meistens hat sich nur etwas Dreck oder ein Ästchen eingenistet. Diesmal war nichts auszumachen. Ich war gerade dabei wieder aufzuschauen, als plötzlich zwei junge Schwarzbären genau vor mir die Strasse überquerten! Ich ging voll auf die Bremsen und nur dank einem gefährlichen Ausweichmanöver vermied ich ein Zusammenprall. Ich hielt sofort an und sah gerade noch wie sie verängstigt umdrehten und in die rettenden Büsche hoppelten. Vorsichtig näherte ich mich. Doch ein durch Mark und Bein gehendes Brummen, welches sicherlich nicht nach Kindergeschrei tönte, versetzte nun mich in die Flucht. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich die Bärenmutter auf. Vergessen waren die herzigen Plüsch-Teddys, welche früher das Kinderbett mit mir teilten, das hier war echt, echt Adrenalin aufwirbelnd. Mit einem verärgerten Schwarzbären war sicher nicht gut kuscheln! So schnell es eben ging mit dem voll bepackten Bike beschleunigte ich verzweifelt von Null auf "rette sich wer kann" Geschwindigkeit! Ich dachte schon daran Ballast abzuwerfen, um schneller zu werden, doch als ich einen kurzen Blick zurückwarf, sah ich wie sich die Bärin rührend und hingebungsvoll um ihre Kleinen kümmerte, statt die Verfolgung des unbekannten rollenden Tieres fortzusetzen. Ich wollte es nicht darauf ankommen lassen und fuhr immer noch mit heftig pochendem Herzen weiter. Immerhin hatte sich das Problem mit dem Wechsler von alleine behoben.
Mount Robson Provincial Park in British Columbia
Am späteren Nachmittag passierte ich eine dreifache Grenze. Einerseits zwischen den kanadischen Provinzen Alberta und British Columbia, dann gelangte ich vom Jasper Nationalpark in den Mount Robson Provincial Park und die Zeitzone wechselte von der Mountain Standard Time in die Pacific Standard Time.
Äusserst motiviert ab dem bisher erreichten, bezwang ich den 1146 m hohen Yellowhead Pass spielend. Etwa 100 km hatte ich schon hinter mir und war nicht ganz abgeneigt, bald mal mein Lager aufzuschlagen. Trotzdem hatte ich mir die fixe Idee in den Kopf gesetzt, den Mount Robson Campground anzusteuern. Mit weinendem Auge liess ich einen idyllisch an einem See gelegenen Zeltplatz links liegen und pedalte weiter. In Gedanken verloren erreichte ich knapp vor dem Eindunkeln das siebte Etappenziel. Auf dem Camping hatte sich noch eine grössere Gruppe deutsch-holländische Radfahrer einquartiert und ich teilte ein Flecken Erde neben ihnen. Auf dem Weg zur ersten Dusche seit drei Tagen, erinnerte mich ein Zelt mit gehisster Schweizer Flagge an unseren heutigen Nationalfeiertag am 1. August. Doch war ich viel zu erschöpft für irgendwelche Festlichkeiten!
Im Mount Robson Provincial Park konnte ich dem bekannten Trekking auf dem Berg Lake Trail hoch zum Mount Robson Gletscher nicht wiederstehen.
Nächste Radetappe: Radeln durch British Columbia
Vorherige Etappe: Radreise durch den Banff Nationalpark